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Abseilgeräte mit Panikfunktion

2014-03-02 - 20:10:30 by Reinhard Schmid in CanyoningTechniken

Hat jemand Erfahrung mit Abseilgeräten mit Panikfunktion, die beim festen Drücken oder Loslassen des Hebels blockieren?

Ich dachte da an zB an Petzl Stop, DSD Double Stop oder Kong Indi Evo.

Für den Ersten (Steinschlaggefahr), Kinder oder Anfänger scheint mir das doch recht vernünftig. Von den Shops ist mir aber bisher immer abgeraten worden. Die Begründungen sind aber für mich nicht nachvollziehbar. So sei das Aushängen schwieriger und diese in tubulenten Becken daher gefährlich. Nur dort lasse ich Kinder oder Anfänger eh nicht hin oder seile mich mit denen gemeinsam ab.

Nachteil sehe ich eher darin, dass es die nur für Einfachseil gibt oder kennt jemand so ein Gerät für Doppelseil?



Comments (edit)

DaTomi - 2014-03-10:

Wir benutzen bei der Höhenrettung Geräte mit Panikfunktion wie den "ID" von Petzl, wobei ich seit 2 Jahren den "RIG" verwende (= ID ohne Panikfunktion), da es sehr mühsam mit meinen 75kg war bei nicht-frei-hängenden Abseilern NICHT in die Panikfunktion zu fallen- Speziell bei steifen Statikseilen eine Problematik. Das tolle ist, egal ob du das Seil falsch rum beim ID einlegst oder in Panik das Seil frei gibst- du wirst nie abstürzen! Aber im turbolenten Wasser haben diese Dinger nichts zu suchen. Es sind absolut tolle Geräte zum Arbeiten, aber fürs Canyoning viel zu schwer und klobig!- Als Rescue Gerät oder beim Einbohren habe ich manchmal einen ID dabei, aber nicht primär fürs Abseilen im Wasser. Die Kinder passiv ablassen oder durch eine 2. Person unten (die am Seil zieht wenn ein Kind etwas falsch macht) sichern ist noch immer die gängiste Variante. Ein Gerät mit Panikfunktion für die Doppelseiltechnik ist mir nicht bekannt. Wir verwenden auch viel mehr den Einzelstrang, da ich von oben immer mit einer lösbaren Verbindung eingreifen kann. Achtung beim Petzl Stop: der hat KEINE Panikfunktion!- ganz im Gegenteil: wenn du dich in Panik an den roten Hebel klammerst, gibst du das Seil frei und saust hinunter! Ich glaube auch, dass ein Kind niemals den Stop oder Indy bedienen kann- es tut sich sogar meine Freundin damit sehr schwer. Man benötigt doch etwas Kraft in den Fingern- und versuch mal ein älteres 10mm Seil in den Double Stop zu stecken...!!!- da brauchst Geduld und Nerven!!! Grundsätzlich gibt es kein Patentrezept für deine Frage- alles was du lesen wirst sind subj. Eindrücke. Auch die Lehrmeinung ist nur eine aktuelle Sichtweise der Dinge! Ich frage mich was 2014 wieder falsch ist was 2013 noch gelehrt wurde! Am besten ist, wenn du selbst das eine oder andere Gerät in die Hände bekommst und entscheidest. Anm: ich habe wirklich schon unzählige Geräte getestet die jetz mehr oder weniger im Keller rumliegen und bin schlussendlich immer wieder beim Pirana gelandet! Einzig den OKA von Kong find ich noch sehr interessant, aber den hab ich erst seit Herbst in Verwendung und muss erst schaun wie er sich nach einer Saison gemacht hat (Ermüdung des Gummis, Abrieb, usw...) Zwei meiner Kumpels schwören auf den NoMad von AustriAlpin- den ich überhaupt nit mag- weil er mir je nach Bremsstufe (75kg, mit Ausrüstung vielleicht 80 kg)zu viel oder zu wenig bremst! Einzig beim RopeX waren alle der selben Meinung und wir haben diesen Testkandidaten mit einem langen Kommentar zurück geschickt. Wie gesagt: jeder muss sich FÜR SICH SELBST das richtige Tool raussuchen! Bin schon gespannt was andere für Meinungen oder Empfehlungen haben- nur so lebt ein Canyoning Forum!


WernerBaumgarten - 2014-04-14:

Ich bin ja der Meinung, daß die Frage eigentlich in das Forum für Canyoningtechnik gehört, gebe aber trotzdem hier eine Antwort.

1. Alle Abseilmethoden, die zu einer - auch kurzzeitigen - Blockade (im Wasserfall oder Gumpen) führen können, sind beim Canyoning sehr gefährlich (vor allem wegen der Ertrinkungsgefahr). Nun kann man einwenden: Mit Anfängern macht man nur Touren, wo diese Gefahr nicht besteht. Aber warum soll man Anfänger mit einer Methode oder einem Gerät üben lassen, das sie später beim „richtigen“ Canyoning nicht verwenden dürfen? Das erscheint mir unsinnig. - Wenn es nur darum geht, Anfänger sicher runter zu bringen, ohne daß sie dabei etwas lernen sollen, dürfte die einfachste und sicherste (nicht: gefahrlose) Methode das passive Ablassen sein. Will man dagegen einem Anfänger das Canyoning beibringen, sollte er gleich das richtige Gerät verwenden. Bei Kindern würde ich in der Anfangszeit empfehlen, sie dabei mit einem zweiten, an deren Gurt befestigten Seil von oben zu sichern, oder parallel abseilen und das Kind dabei an der Sicherungsleine haben.

2. Zum „Stop“ von Petzl: Vor vielen Jahren hat einmal ein Lehrer einige seiner Schüler zu einer Höhlentour mitgenommen. Einer der Schüler hielt sich krampfhaft am Hebel fest und rauschte bis zum Boden durch. Das Gericht hat den Lehrer verurteilt, da er hätte wissen müssen, daß der Schüler bei Angst sich reflexmäßig festhält und gerade NICHT losläßt, auch wenn man ihm das vorher erklärt hat. - Abgesehen davon: Beim Canyoning ist dies Gerät absolut unbrauchbar.

3. Ich halte den ordinären Achter für das beste Abseilgerät, da er eine sehr große Zahl von verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten und Bremsstufen hat (die man allerdings erst mal lernen bzw. ausprobieren muß), jenachdem wie man das Seil einlegt. Ich habe mal gelesen, daß die Methode „Vertaco“ dabei noch etwas bremst, wenn man das Seil losläßt (z.B. bei Bewußtlosigkeit durch Steinschlag), habe dies aber nie nachgeprüft und bezweifle, ob die Bremswirkung in diesem Fall ausreicht. - Und im Gegensatz zu den meisten anderen Abseilgeräten funktioniert der gewöhnliche Achter auch am Doppelseil und bei dicken Seilen.

4. Eine häufig verwendete und im Prinzip auch sinnvolle Methode ist das Sichern von unten, durch Halten des Seils. Zum Nachdenken will ich hier ein Erlebnis wiedergeben, das mir selbst passiert ist: Ich hatte einmal einen Anfänger dabei, sportlich, intelligent, Kletterer, aber zum ersten Mal beim Canyoning. Nach einer kleinen Tour, bei der alles gut ging, machten wir noch eine zweite. An einer Doppelstufe (deswegen konnte ich das Seil nicht sehr straff halten) ließ er plötzlich das Seil los. Ich war dermaßen überrascht, daß ich nicht schnell genug reagierte, und er wäre mit dem Rücken auf einem Fels gelandet, wenn er nicht selbst noch im letzten Moment wieder ins Seil gegriffen hätte. Es ist mir mehr als einmal passiert, daß ich innerhalb einer „Schrecksekunde“ nicht reagiert habe, und ich denke, daß das auch anderen passieren kann. - Es gibt Leute, die während des Sicherns gleichzeitig noch filmen wollen. Das ist natürlich unmöglich und nicht zu verantworten. - Man kann Anfängern gar nicht genug einschärfen, daß sie die UNTERE Hand niemals vom Seil nehmen dürfen, egal was passiert (reflexmäßig wollen sie sich OBEN festhalten).

5. Noch eine Geschichte, was alles passieren kann (nur gehört, nicht selbst erlebt): Jemand kommt beim Abseilen plötzlich in den Wasserfall und hält vor Schreck das Seil fest, anstatt einfach ein Stück weiter abzuseilen. Sie ließ dann erst bei Bewußtlosigkeit los.

6. Meine Erfahrung allgemein: Patentrezepte, die immer funktionieren, gibt es nicht. Besser, man kennt und rechnet mit möglichst vielen Mißgeschicken. Alles, was schiefgehen kann, wird irgendwann passieren, oft schneller, als man denkt, auch das „eigentlich Unmögliche“ (das Unerwartete). Da eine große Nachfrage nach Patentrezepten besteht, werden immer welche angeboten, die bestens funktionieren sollen, sofern man „guten Willens“ ist, d.h. fest daran glaubt und z.B. besondere Umstände ignoriert. Es gibt „Böswillige“, die das für Dummheit halten, aber dumm sind natürlich immer nur die anderen. Und wenn etwas passiert, was nicht hätte passieren dürfen, dann kann man das gegenüber Unwissenden (und sich selbst) eventuell als „höhere Gewalt“, unerklärlich und unvorhersehbar ausgeben (Beispiele dafür gibt es genug, siehe im Forum Canyoningtechnik unter „Unfälle“). Falsches Gerät, falsche Technik oder Fehler bei der Anwendung können aber in der Regel nachgewiesen werden.


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Topic revision: r1 - 2014-03-02 - ReinhardSchmid